Warum in der letzten Stadtvertretung mal dringend Klartext nötig war
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in den vergangenen Tagen gab es einiges über die letzte Stadtvertretungssitzung und den Haushalt in der Presse zu lesen. Da die Artikel ja immer nur die stark verkürzten Versionen der Redebeiträge widerspiegeln können, fehlt vieles an wichtiger Information, um das Handeln der Stadtvertretung wirklich verstehen zu können.
Die Geschicke der Stadt werden von zwei Institutionen gelenkt. Das sind zum einen die Bürger der Stadt selbst und zum anderen das Bürgermeisteramt. Damit die Bürger handlungsfähig sind, wählen sie aus ihrer Mitte ehrenamtliche Vertreter, die ihre Interessen wahrnehmen sollen. In Bargteheide nennen wir diese gewählten Bürger Stadtvertreter. Das Gremium der Bürger ist die Stadtvertretung. Gleichfalls wählen die Bürger die Leitung des Bürgermeisteramtes, die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister.
Die Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein regelt die Zuständigkeiten der Bürgervertretung sowie des Bürgermeisteramtes. Den Bürgern, vertreten durch die Stadtvertretung, wird dort das Recht der Gestaltung der Geschicke der Stadt zugesprochen. Das heißt, die Stadtvertretung (Im folgenden Text werde ich die Stadtvertretung als Bürgervertretung benennen, da aus meiner Sicht das Wort Stadtvertretung irreführend ist. Es handelt sich bei der Stadtvertretung um die Vertretung der Bürger einer Stadt.) entscheidet, welche Projekte in der Stadt angegangen und umgesetzt werden. Die Bürgervertretung entscheidet, ob eine neue Schule, Feuerwache oder KiTa gebaut wird, Straßen erneuert, Personal für die Verwaltung eingestellt wird, ob Gebühren/Steuern erhöht werden müssen oder gesenkt werden können usw.. Alle grundsätzlichen Entscheidungen trifft die Vertretung der Bürger in deren Sinne und mit dem Blick auf das Wohl und die Interessen aller Bürger. Das ist keine leichte Aufgabe, da die Anliegen der Bürger sich häufig wiedersprechen. Es ist die Aufgabe der Bürgervertretung, abzuwägen und gerechte Lösungen zu finden. Die Bürgervertretung wählt aus ihrer Mitte eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden. Zurzeit ist dies Frau Harmuth, die als Bürgervorsteherin die Sitzungen der Bürgervertretung leitet und die Stadt nach außen repräsentiert. Dieses in der Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein verankerte Gestaltungrecht der Stadt durch ihre Bürger ist ein großartiges Stück Demokratie, auf das wir stolz sein können und das es wert ist, auch immer wieder eingefordert zu werden.
Das Bürgermeisteramt in Person der Bürgermeisterin Frau Kruse-Gobrecht vertritt und repräsentiert die Stadt nach außen. Ihre Aufgabe ist es, den Verwaltungsapparat der Stadt zu leiten, am Laufen zu halten und die Verwaltungsorganisation zu gestalten. Sie hat die Beschlüsse der Bürgervertretung umzusetzen. Werden Themen von Bürgern an sie herangetragen, sollte sie die Gremien der Bürgervertretung hierüber informieren und diese entscheiden dann, in welcher Weise sich die Verwaltung und die Gremien mit diesen Themen auseinandersetzen. Dieses Vorgehen ist wichtig, damit die dringendsten Themen zuerst bearbeitet werden können.
Aktuell ist die Bürgermeisterin von der oben beschriebenen Aufgabenverteilung mit ihrer Sitzungsvorlage zum Erwerb der von der EON wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegebenen Erdgastankstelle abgewichen. Sie hat diese Sitzungsunterlage ohne Auftrag und Kenntnis der Bürgervertretung erstellen und 30.000 Euro in den Haushalt einstellen lassen. Dieses Vorgehen birgt zwei Probleme. Zurzeit leidet das Rathaus unter erheblichen Personalmangel. Viele Mitarbeiter haben gekündigt. Viele Mitarbeiter sind krank. So fehlt es an Arbeitskräften, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Das Bürgerbüro ist seit Monaten mittwochs deswegen geschlossen. Kurz vor Weihnachten musste eine Sitzung des Haupt- und Sozialausschusses ausfallen, da es kein Personal gab, welches die Sitzung hätte vorbereiten können. Protokolle können nicht zeitnah erstellt werden, bereits durch die Bürgervertretung beschlossene Projekte können aus Personalmangel nicht umgesetzt werden. Die Zeit, die für die Erstellung der Sitzungsunterlage Erdgastankstelle benötigt wurde, fehlte an anderer Stelle. Der Leiter der Bauabteilung bezifferte den Arbeitsaufwand hierfür mit 3-5 Stunden. Diese Angabe hat mich überrascht. Die Vorlage ist eher umfangreich und gut recherchiert. Ebenfalls ist erkennbar, dass Gespräche mit den ehemaligen Betreibern geführt wurden, um einen Kaufpreis darstellen zu können. Ich habe den Arbeitsaufwand erheblich höher eingeschätzt. Die Bürgermeisterin hat durch ihr Handeln die Bürgervertretung in der Entscheidung umgangen, welche Priorität und Bedeutung das Thema „Erwerb einer Erdgastankstelle“ für die Bargeheider Bürger hat. Damit wurden die o.g. gesetzlich verankerten Bürgerrechte ausgehebelt und das, obwohl die Bürgermeisterin regelmäßig darauf verweist, wie wichtig ihr Bürgerbeteiligung ist. Ich habe Sie darauf angesprochen, warum sie so verfahren ist. Sie hat die knappe zur Verfügung stehende Zeit angeführt. Die Erdgastankstelle wurde im Sommer abgeklemmt. Zeit genug, um die Bürgervertretung einzubeziehen. Die Vorlage tauchte plötzlich vor der zweiten Abstimmung des Haushaltes auf. Seit Erfindung von Telefon und Email wäre es ein leichtes gewesen, die Bürgervertreter auch kurzfristig einzubeziehen. Das war jedoch offensichtlich nicht gewollt.
Wenn Dinge in einer ungewöhnlichen Weise passieren, frag ich mich immer, wieso sie so und nicht anders passiert sind. Dass die Bürgermeisterin selber ein Erdgas betriebenes Fahrzeug fährt, ist da sicher nur eine Randnotiz, von der die Bürger jedoch, ganz im Sinne der von der Bürgermeisterin häufig geforderten Transparenz, Kenntnis haben sollten.
Oft und gerne wird betont, dass Frau Kruse-Gobrecht parteilos ist. Wir erinnern uns, die Fraktion der Grünen hat Sie im Wahlkampf unterstützt. Der Erwerb der Erdgastanstelle ist ein „Grünes“ Thema.
Der zweite besonders spannende Tagesordnungspunkt war der Haushalt 2018, der in der vorangegangen Sitzung von Mitgliedern der CDU, FDP und Grünen abgelehnt worden war. Im Vorwege hatte die Bürgermeisterin eine Pressekonferenz gegeben. Die darauf fußenden Presseartikel stellten den Haushalt so schlecht dar, dass wir eigentlich gar nicht mehr hätten zustimmen dürfen. Wir haben es trotzdem getan, um die öffentlichen Einrichtungen wieder handlungsfähig zu machen. Durch den fehlenden Haushaltsbeschluss lag einiges brach. Die Bürgermeisterin und die Kämmerei behauptete, wir hätten in den letzten zehn Jahren zu viel Geld ausgegeben, die Bürgervertretung müsse begreifen, dass man sich nicht mehr alle Wünsche erfüllen könne und künftig solle der Haushalt transparent, ehrlich und enkelsicher gestaltet werden. Eine Kreditaufnahme sei unvermeidlich. Eine interessante Aussage über einen Haushalt, der von der Verwaltung vorgelegt worden war. Transparenz und Ehrlichkeit beziehen sich auf die Art der Darstellungen der Ausgaben im Haushalt und das ist das Handwerkszeug der Kämmerei. Die Bürgervertreter haben darauf keinen Einfluss. Wir müssen dort auf die Verwaltung vertrauen. Bleibt Wünsche erfüllen und enkelsicher. In der Tat haben wir die letzten Jahre sehr viel Geld investiert, nur hatte das wenig mit der Erfüllung von Wünschen zu tun. Bei den meisten Projekten handelte es sich um Pflichtaufgaben der Stadt. Wir haben sehr viele Millionen Euro in den Erhalt und Erweiterung der Bargteheider Schulen investiert. Dazu sind wir als Schulträger verpflichtet. Und wir haben das gerne getan. Gute Schulen sind eine Verpflichtung gegenüber unseren Kindern und, nur um das Wort aufzugreifen, unseren Enkeln und eine Investition in die Zukunft. Weitere Pflichtaufgaben, in die jährlich mehrere Millionen Euro fließen, sind Betrieb und Erstellung der Kindertagesstätten. Alle Projekte werden gründlich von uns abgewogen und dienen der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und wo es sinnvoll ist, wird gespart. Wir erfüllen uns keine Wünsche. Wenn Wünsche erfüllt werden, dann die der Bürgerinnen und Bürger. Freibad, Bücherei, VHS und Kleines Theater sind Bürgerwünsche. Größter Einzelposten für die kommenden Jahre ist eine Feuerwehrwache mit 10 Millionen Euro. In meinem ersten Seminar über Finanzwirtschaft der Kommunen hat der Dozent über Schulden gesprochen. Er sagte, große Projekte, die von mehreren Generationen genutzt werden, können auch von mehreren Generationen finanziert werden und nicht nur von einer. Ich finde diese Ansicht grundsätzlich richtig. Weitere 9 Millionen Euro sind für Bodenbevorratung im Haushalt eingestellt. Eine Position, die nicht mit konkreten Projekten hinterlegt ist. Sie können also mühelos eingespart werden. Insgesamt ist die Haushaltslage nicht üppig und wir müssen gut haushalten, sie ist aber nicht so negativ wie von der Verwaltung dargestellt.
Die Grünen haben in der Stadtvertretung eine äußerst pathetische und dramatische Haushaltsrede gehalten. Man sprach von Füllhörnern, die man nicht mehr ausschütten dürfe und kleinen Brötchen, die man künftig backen müsste. Man zeigte sich schockiert über die hohen Ausgaben im Haushalt 2018.
Die Fraktion der Grünen hat keinen einzigen Antrag zum Haushalt 2018 eingebracht, um die Kosten zu reduzieren. Nicht einen. Bis auf ein Mitglied haben sie dem Haushalt 2018 zugestimmt.
Der Betrieb einer Erdgastankstelle ist keine städtische Aufgabe, wir halten Erdgasautos für eine aussterbende Antriebsart und mit dem Erwerb der Erdgastankstelle wären unkalkulierbare finanzielle Risiken und Folgekosten verbunden. Deshalb haben wir, ganz im Sinne vom kleineren Backwerk, auf den Erwerb der Erdgastankstelle für 30.000 Euro verzichtet.
Anke Schlötel-Fuhlendorf