Bargteheide – arme oder reiche Stadt?

Vor einem halben Jahr drohte der Sparkommissar. 20 Millionen Euro Kredit, 8 Millionen minus im Verwaltungshaushalt. Ein weiterer Anstieg der Verschuldung bis zum Jahr 2024 war absehbar.  Ohne Genehmigung der Kommunalaufsicht schien kein Haushalt für 2021 möglich.

Die dramatische finanzielle Lage hat alle politischen Fraktionen aufgerüttelt und zu einer ungewohnten Einigkeit in den Haushaltsberatungen geführt. In vielen Sitzungen des Finanz- und Wirtschaftsausschusses hat es fast nur einstimmige Beschlüsse zur Verbesserung der Haushaltssituation  gegeben. Das betrifft auch Steuererhöhungen in den nächsten Jahren, um weiter unvermeidbare Kostensteigerungen finanzieren zu können.

Auch bei gleichbleibendem Personalbestand werden die Personalkosten steigen. Die Baukosten steigen bereits seit einigen Jahren überproportional. Und  einerseits wird die vielgelobte Reform der Kindertagesstätten im Land zu einer Betreuung durch mehr und besser qualifiziertes Personal führen und die meisten Eltern wurden im letzten Sommer bei den Gebühren entlastet. Die Stadt wird aber in den nächsten 4 Jahren über eine Million Euro jährlich zusätzlich für die Kinderbetreuung aufzuwenden haben. Die Kindergartenträger werden per Gesetz zu umfangreichen Qualifizierungsmaßnahmen verpflichtet. Das Land hat aber gleichzeitig bisher gezahlte Zuschüsse gestrichen. So sind zurzeit viele Kommunen die Verlierer der Reform.

Eine Million Euro jährlich sind die zusätzlichen Einnahmen der Stadt durch die Anhebung der Gewerbesteuer. Entgegen der Befürchtung im Bund und Land, dass die Gewerbesteuereinnahmen in 2020 durchschnittlich um 25% einbrechen, konnten die Bargteheider Firmen unter dem Strich trotz Corona ihre Gewinne steigern. Die gemeinsamen Beschlüsse zum Haushalt haben aber auch zu vielen Einsparungen bei den laufenden Ausgaben geführt. Sowohl die Fachausschüsse als auch der Finanzausschuss haben jedes Budget auf Kürzungsmöglichkeiten durchleuchtet.

Hervorzuheben ist hierbei der Beschluss des Haupt- und Sozialausschusses, im laufenden Jahr nur bereits realisierte Stellenausweitungen zuzulassen und das Personalbudget auf 8,8 Millionen Euro zu begrenzen. Die Verwaltung hatte im Haushaltsentwurf 9,6 Millionen Euro gefordert. Umso ärgerlicher ist die Tatsache, dass in der Jahresabrechnung im Personalbudget durch die Bürgermeisterin eine Übertragung von Haushaltsmitteln veranlasst wurde und der Ausschussbeschluss unterlaufen wird.

Der Fachbereich Finanzen hatte angeboten, den Abschluss der Jahresrechnung 2020 bereits Anfang Januar festzustellen und die zu erwartenden Überschüsse aus der positiven Entwicklung der Gewerbesteuer für die Finanzierung des Haushaltes in 2021 zu verwenden. Auch hierbei haben wir durch ständiges Nachfragen noch weitere Überraschungen erlebt. Normalerweise ist durch die laufenden Budgetberichte bekannt, ob die bereitgestellten Haushaltsmittel auch ausgegeben werden. Erst vor einer Woche haben wir eine Aufstellung erhalten, bei welchen Budgets kurz vor Jahresabschluss  im Dezember die Meldungen unvollständig waren.

So können wir drei Monate nach Beginn des Haushaltsjahres und nach der 5. Lesung (die letzte per Videokonferenz) der Stadtvertretung den Beschluss des Haushaltes für 2021 empfehlen. Für die Beantwortung der Frage, ob Bargteheide eine arme oder eine reiche Stadt ist, fehlt zurzeit die Transparenz. Deshalb wird die SPD die Abweichungen zwischen Planung und Realität bei der Prüfung der Jahresrechnung analysieren und Konsequenzen für die Aufstellung des nächsten Haushaltes erarbeiten.

Jürgen Weingärtner

Stadtvertreter und Ausschussvorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschusses